§ 24 Abs. 6 WEG normiert, dass über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse eine Niederschrift aufzunehmen ist. Diese Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Wohnungseigentümer und, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Vertreter zu unterschreiben.
Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, die Niederschrift einzusehen. Regelmäßig sind Angaben von Ort und Zeitpunkt der Versammlung wesentliche Bestandteile der Niederschrift. Zu empfehlen ist überdies, der Niederschrift eine Teilnehmerliste beizufügen, was insbesondere auch im Hinblick auf die Frage der Beschlussfähigkeit sinnvoll ist.
Zwar besteht eine gesetzlich geregelte Frist zur Fertigung der Niederschrift nicht, jedoch hat sich überwiegend die Auffassung durchgesetzt, dass der Vorsitzende verpflichtet ist, die Niederschrift mindestens eine Woche vor Ablauf der Anfechtungsfrist zu erstellen hat (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 24 Rdn. 108).
Nicht selten wird die Niederschrift über die WEG-Versammlung so spät erstellt, dass sie dem einzelnen Wohnungseigentümer erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist zugeht. Fraglich ist in diesem Falle, ob der Wohnungseigentümer vorsorglich in diesem Falle alle auf der betreffenden Versammlung getroffenen Beschlüsse anfechten kann.
Das BayObLG hat in einem Beschluss vom 22.11.2001 - 2Z BR 140/01 - nochmals bekräftigt, dass ein Wohnungseigentümer, dem die Niederschrift über die Versammlung vor Ablauf der Anfechtungsfrist nicht zugeht, grundsätzlich vorsorglich alle Eigentümerbeschlüsse anfechten kann. Wird die Anfechtung sodann auf einzelne Beschlüsse beschränkt, ist es in der Regel geboten, den Verwalter, der zur Übersendung der Niederschrift spätestens eine Woche vor Ablauf der Anfechtungsfrist verpflichtet ist, die durch die weitergehende Anfechtung entstandenen Kosten aufzuerlegen.
Dem BayObLG war hierbei folgender Sachverhalt unterbreitet worden: Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Am 27.3.2000 fassten die Wohnungseigentümer mehrere Beschlüsse. Die Antragstellerin hat am 27.4.2000 folgende Anträge gestellt:
Soweit die Beschlüsse der WEG vom 27.3.2002 hinsichtlich den bisherigen Anfechtungen der Jahre 1996 bis 1998 eine überholende Kausalität induzieren, werden diese jedenfalls angefochten.
Darüber hinaus ist die Einzelabrechnung 1999 schon insoweit fehlerhaft, als u.a. die gezahlten Wohngelder nicht voll erfasst sind und auch die früheren Einwendungen übergangen wurden; ähnliches gilt für das Streichen der Treppenhäuser und den sonstigen mir nicht bekannten Beschlüsse.
Der genaue Umfang der Anfechtung kann erst nach Erhalt des Protokolls, das mit bis heute vorenthalten wurde, angegeben werden, ebenso der Geschäftswer.
Das BayObLG hat zu dem gesamten Fragenkomplex u.a. wie folgt Stellung genommen: “Es ist allgemein anerkannt, dass ein Wohnungseigentümer, dem die Niederschrift über die Eigentümerversammlung vor Ablauf der Anfechtungsfrist nicht zugegangen ist, vorsorglich alle in der Versammlung gefassten Eigentümerbeschlüsse anfechten kann (BayObLGZ 2000, 340 (342) = ZMR 2001, 294). Soweit der Verwalter, was in der Regel der Fall ist, aufgrund der Gemeinschaftsordnung oder des Verwaltervertrages zur Versendung einer Niederschrift über die Eigentümerversammlung verpflichtet ist, hat dies mindestens eine Woche vor Ablauf der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG zu geschehen (BayObLG WE 1991, 203). Häufig wird diese Verpflichtung von den Verwalters missachtet. Dies hat zur Folge, dass insbesondere von Wohnungseigentümern, die an der Versammlung nicht teilgenommen haben, vorsorglich alle ihnen nicht bekannten Eigentümerbeschlüsse angefochten werden. Soweit dann die Anfechtung nach Vorliegen der Niederschrift auf einzelne Eigentümerbeschlüsse beschränkt wird, ist es regelmäßig geboten, dem Verwalter die durch die zunächst weitergehende Anfechtung entstandenen Kosten wegen Verletzung seiner Verwalterpflichten aufzuerlegen (BayObLG WE 1991, 229; Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 24, Rdn. 108).
Zu Recht sind die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Anfechtungsschreiben der Antragstellerin nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnommen werden kann, dass sämtlich Eigentümerbeschlüsse vorsorglich angefochten werden sollten. Die Anfechtung wurde vielmehr eingeschränkt, ohne dass Inhalt und Umfang der Einschränkung (“soweit die Beschlüsse ... hinsichtlich der bisherigen Anfechtungen ... eine überholende Kausalität induzieren”) festgestellt werden können.”