Mehrheitsbeschluss zur Hausordnung; Schadenshaftung ohne Verschulden

Gemäß § 21 Abs. 4 WEG hat jeder Wohnungseigentümer Anspruch   auf eine ordnungsgemäße Verwaltung. Gemäß Abs. 5 der Vorschrift   gehört zu einer ordnungsgemäßen, dem Interesse der Gesamtheit   der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung insbesondere auch die   Aufstellung einer Hausordnung (Nr. 1). Eine derartige Gebrauchsreglung im Sinne   des § 15 WEG hat regelmäßig zum Ziel, ein geordnetes und friedliches   Miteinander in der Wohnungseigentümergemeinschaft zu gewährleisten.   Inhalt einer Hausordnung können sowohl Einzelheiten der Verwaltung des   gemeinschaftlichen Eigentums als auch der Gebrauch des Gemeinschaftseigentums   und des Sondereigentums sein. Sie sollte einer Mehrheit zum Schutz der Wohnungseigentümer   vorbehalten bleiben, um sie leichter an veränderte Umstände anpassen   zu können. Typischerweise enthält eine Hausordnung Regelungen über   die Reinigung des Treppenhauses, das Öffnen und Schließen der Haustür,   die Gartenpflege, die Benutzung der Waschküche, das Abstellen von Fahrrädern   etc. (vgl. zu Vorstehendem: Niedenführ/Schulze, WEG, 11. Aufl., §   21, Rdnrn. 17 ff.).

Im Interesse einer möglichst großen Klarheit und Transparenz der   Hausordnung und der dort erwähnten Pflichten ist es erforderlich, die Bestimmungen   so konkret wie möglich zu gestalten. Leider wird diesem Erfordernis häufig   nicht Rechnung getragen. So hat das BayObLG in einem Beschluss vom 13.12.2001    - 2Z BR 156/01 - eine durch Mehrheitsbeschluss aufgestellte Hausordnung wegen   fehlender Bestimmtheit insoweit für ungültig erklärt, als sie   den Verwalter verpflichtet, “grobe Verstöße gerichtlich zu   ahnden”. Darüber hinaus hat es die Auffassung vertreten, dass eine   durch Mehrheitsbeschluss aufgestellte Hausordnung insoweit nichtig sei, als   sie eine Haftung für Verschulden durch den Verursacher, also auch ohne   Verschulden, vorsieht.

Konkret lauteten die vom BayObLG beanstandeten Regelungen:

“Nr. 12: der Verwalter ist verpflichtet, die ordnungsgemäße   Durchführung der Hausordnung und die damit verbundenen Arbeiten zu überwachen   sowie grobe Verstöße gerichtlich zu ahnden.”

Weiter heißt es in Nr. 14 Abs. 1 der Hausordnung: “Allgemeines: Für Schäden, die aus Nichteinhaltung der Hausordnung   entstehen bzw. von sonstigen Gründen herrühren, haftet im vollen Umfange   der Verursacher.”

Die Antragstellerin hatte beantragt, den Eigentümerbeschluss über   die Hausordnung für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht Nürnberg   hat am 21.5.2001 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth   hat durch Beschluss vom 2.10.2001 den Eigentümerbeschluss über die   Hausordnung in Nr. 14 Abs. 5 für ungültig erklärt. Dagegen richtet   sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin mit dem Ziel, den   Eigentümerbeschluss in Nr. 12 für ungültig und Nr. 14 Abs. 1   für nichtig zu erklären.

Das Rechtsmittel hatte, wie sich aus dem Beschluss des BayObLG ergibt, Erfolg:    “Das Landgericht hat ausgeführt: Die Regelung in Nr. 12 der Hausordnung   sei in Zusammenhang mit der Regelung in Nr. 13 zu sehen. Nach Nr. 13 sollte   vor einer gerichtlichen Ahndung von Verstößen gegen die Hausordnung   durch den Verwalter oder der Verwaltungsbeirat vermittelt werden. Es entscheide   also nicht der Verwalter allein, ob Verstöße gerichtlich geahndet   würden. Die Bestimmung in Nr. 14 Abs. 1 sei nicht unsinnig. Soweit dort   auf “sonstige Gründe” abgestellt werden, seien nur solche gemeint,   die zu Schadensersatzansprüchen kraft Gesetzes führten.

Die Regelung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.   Die Regelung in Nr. 12 der Hausordnung ist gemäß § 23 Abs. 4   WEG für ungültig zu erklären, weil es ihr an der erforderlichen   Bestimmtheit und Klarheit fehlt. Der Senat kann den angefochtenen Eigentümerbeschluss   über die Hausordnung jedenfalls in Nr. 12 Regelungen enthält, die   auch für den Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers gelten (BGHZ   139, 289/291 = NZM 1998, 955/956 (= WM 1998, 738). Der Kern der Regelung der   Nr. 12 besteht in der Verpflichtung des Verwalters, grobe Verstöße   gegen die Hausordnung gerichtlich zu ahnden. Die Regelung lässt nicht mit   der erforderlichen Bestimmtheit erkennen, wann ein grober Verstoß vorliegt   und was unter einer gerichtlichen Ahndung im einzelnen zu verstehen ist (vgl.   BGHZ 139, 288/291 = NJW 1998, 955/957 (= WM 1998, 738).

Die in Nr. 14 Abs. 1 der Hausordnung getroffene Regelung ist nichtig. Sie sieht   eine Haftung für Schäden durch den “Verursacher” vor.   Damit wird das gesetzliche Leitbild, das grundsätzlich nur eine Haftung   für Verschulden vorsieht (§ 276 Abs. 1 S.1 BGB; Palandt/Heinrichs,   BGB, 60. Auf., § 276, Rdn. 3), abgeändert. Das Verschuldensprinzip   gilt auch für eine Haftung der Wohnungseigentümer untereinander (Bärmann/Pick/Merle,   WEG, 8. Aufl., § 10, Rdn. 30). Eine Änderung ist nicht durch Mehrheitsbeschluss,   sondern nur durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer gemäß   § 10 Abs. 1 S. 2 möglich, weil den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz   für Abänderungen des Gesetzes fehlt (siehe BGHZ 145, 158/168 = NJW   2000, 3500 (= WM 2000, 620).

Es erscheint angemessen, entsprechend dem teilweisen Unterliegen der Antragstellerin   dieser und den Antragsgegnern jeweils die Hälfte der Gerichtskosten des   gesamten Verfahrens aufzuerlegen, jedoch von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher   Kosten abzusehen (§ 47 WEG).

Dem Senat erscheint mit dem von der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift   mit 8.000,- DM angegebenen Geschäftswert das maßgebende Interesse   der Gesamtheit der Wohnungseigentümer an dem Beschluss über die Hausordnung   angemessen bewertet. Davon ausgehend ergibt sich für das Rechtsbeschwerdeverfahren,   weil nur noch zwei Regelungen der Hausordnung beanstandet wurden, ein geringerer   Geschäftswert (§ 48 Abs. 3 S. 1 WEG) (3.000,- DM).”